Humboldt-Universität zu Berlin - August-Boeckh-Antikezentrum

Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff

Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff

* 22. 12. 1848 auf Gut Markowitz, Kujawien, Provinz Posen

† 25. 09. 1931 in Berlin

 

Klassischer Philologe

 

Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff, aus wohlhabender Gutsherrenfamilie, besuchte das Gymnasium Schulpforta. Nach dem Abitur 1867 begann er ein Studium der Klassischen Altertumswissenschaften in Bonn, u. a. bei Jacob Bernays und Otto Jahn. Er freundete sich dort mit dem gleichaltrigen Kommilitonen Hermann Diels an. 1869 wechselte Wilamowitz an die Berliner Universität, wo er vor allem von Moriz Haupt beeinflusst wurde. Er wurde 1870 mit einer Arbeit zur griechischen Komödie promoviert.

Nach einem einjährigen Militärdienst im Deutsch-Französischen Krieg kehrte Wilamowitz nach Berlin zurück und begegnete erstmals persönlich Theodor Mommsen, mit dem er später zusammenarbeiten sollte.

1872 veröffentlichte Friedrich Nietzsche die Schrift „ Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik“, die großes Aufsehen erregte. Von den deutschen Philologen wurde die Schrift ignoriert; die einzige öffentliche Reaktion kam von dem 24-jährigen Wilamowitz, der nur wenige Wochen später eine grobe Polemik gegen Nietzsches Schrift und gegen Nietzsche als Philologen veröffentlichte. Wilamowitz’ Name wurde damit schlagartig bekannt. Die Debatte wurde noch bis 1874 weitergeführt, allerdings ohne wirkliche Ergebnisse.

Nach diversen Reisen habilitierte sich Wilamowitz 1875 in Berlin und begann Vorlesungen zu halten. 1876 wurde er als ordentlicher Professor nach Greifswald berufen, wo er bis 1883 blieb. 1878 heiratete Wilamowitz die älteste Tochter Mommsens; die Ehe bestand bis zu Wilamowitz’ Tod und bedeutete ihm viel. Akademisch war er in Greifswald nicht glücklich: Das Verhältnis zu den Kollegen war schlecht, seine Publikationen fanden nicht die erstrebte Aufmerksamkeit.

1883 folgte Wilamowitz einem Ruf nach Göttingen. Dort erging es ihm deutlich besser, nicht zuletzt deshalb, weil er mehrere Stellen mit seinen Wunschkandidaten besetzen konnte. Vor allem mit Hermann Sauppe und Friedrich Leo arbeitete er erfolgreich zusammen.

Mehrere andere Universitäten bemühten sich, Wilamowitz aus Göttingen abzuwerben; oft gab es allerdings auch Widerstand gegen eine Berufung Wilamowitz’, der im persönlichen Umgang schwierig war und im Akademischen mit Kritik nicht geizte. Einer der Gegner Wilamowitz’ in Berlin war Ernst Curtius; erst nach Curtius’ Tod folgte Wilamowitz schließlich 1897 einem Ruf an die Berliner Universität.

In Berlin entwickelte Wilamowitz großes Engagement, neben Forschung und Lehre vor allem als Wissenschaftsorganisator, sowohl vor Ort als auch landesweit und international. Er gründete das interdisziplinäre „Institut für Altertumskunde“, wirkte an verschiedenen wissenschaftlichen Großprojekten mit und nahm an etlichen Kongressen teil. Die Preußische Akademie der Wissenschaften nahm ihn 1899 als ordentliches Mitglied auf (zuvor war er korrespondierendes Mitglied gewesen), ab 1902 übernahm er die Leitung der Akademie. 1915/16 war er Rektor der Universität.

Unter den Kollegen arbeitete Wilamowitz am besten mit seinem alten Freund Hermann Diels zusammen. 1906 kam Eduard Norden nach Berlin. Diese drei übernahmen die Leitung des Philologischen Seminars von Johannes Vahlen und machten dieses und mehr noch das gesamte Institut für Altertumskunde zum einflussreichsten des 20. Jahrhunderts.

Wilamowitz’ Forschungsleistung ist nur als „Gesamtwerk“ zu verstehen. Wie kaum ein anderer Altertumswissenschaftler befasste er sich intensiv mit sehr vielen Bereichen der klassischen Antike und ihrer Erforschung, von der Textkritik über die Interpretation bis zur Antikenrezeption und dem altsprachlichen Schulunterricht. Seine Beherrschung der griechischen Sprache und Stilistik war herausragend. Er veröffentlichte rund sechzig Bücher (darunter mehrere wesentliche Übersetzungen) und zahllose Aufsätze. Er kann als der größte Altertumswissenschaftler der Moderne gelten.